Brandenburger Vorstadt Dachansicht

Stadtgeschichte – Langfassung

Viele Gesichter in einem:
Die Brandenburger Vorstadt – ein Stadtteil zwischen Havel und Sanssouci
Die „Brandenburger Vorstadt“ bildet gemeinsam mit der Jäger-, der Nauener, der Berliner, Teltower und Templiner Vorstadt den Ring der klassischen Vorstädte von Potsdam. Sie ist ein Stadtteil, der eingebettet ist zwischen der Havel im Südosten, dem Wildpark im Westen und dem Park Sanssouci im Norden.

So unterschiedlich wie die entstandenen Potsdamer Vorstädte untereinander sind, so unterschiedlich ist die Brandenburger Vorstadt in sich selbst. Die Ursprünge der ersten Bebauung in diesem Gebiet datieren aus einer Zeit, in der Potsdam weit weg und von Sanssouci noch nicht die Rede war: „Im Bereich des wohl im frühen 18. Jahrhundert bestehenden Zimmerplatzes war bereits vor Anlage Sanssoucis ein erster Siedlungsschwerpunkt. Dieser Bereich sollte neben der Landstraße nach Brandenburg zum wichtigsten Ausgangspunkt der späteren Bebauung werden“ – so ein Zitat aus der Denkmalbereichssatzung Brandenburger Vorstadt.

Der Name „Brandenburger Vorstadt“ bezieht sich auf diese alte Landstraße nach Brandenburg/Havel und tauchte dann im Zuge der „Zweiten barocken Stadterweiterung“ (zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts) auf, als Potsdam sich beträchtlich nach Nordwesten ausdehnte und in Richtung auf den Park Sanssouci hinwuchs. Am Südrand des zunächst kleineren Parks entstanden Häuser der Gärtner, von denen heute noch in der Lennéstraße einige zu sehen sind.

An der Havelbucht und der genannten Chaussee zur Stadt Brandenburg gelegen (der heutigen B 1) wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Dampfmaschinenhaus und auch eine Dampfmahlmühle samt Proviantmagazin am Schafgraben errichtet. Beide Gebäude -die wegen ihres Aussehens so genannte „Moschee“ wie auch der Speicher, der nach ihm benannt wurde- tragen die bauliche Handschrift von Ludwig Persius, dessen 200. Geburtstag wir 2003 feierten.

Wiederum ein halbes Jahrhundert später begann die Bebauung desjenigen Wohnviertels, das heute auf geradezu klassische Weise mit dem Namen der „Brandenburger Vorstadt“ verbunden ist: das zwischen 1900 und 1912 erbaute Jugendstilviertel in dem Areal zwischen Hans-Sachs-Straße im Westen, der Sellostraße im Osten, der Bahnlinie im Süden und der Lennéstraße im Norden. Die meisten dieser Häuser mit ihren floralen Motiven, den filigranen Granitsteinen vor der Haustür und den überreichlich verzierten Vorgartengittern sind mittlerweile wieder liebevoll und aufwendig restauriert worden! Führungen in diesem Gebiet finden zwischen April und Oktober in der Regel jeweils am 1. Sonntag im Monat statt (siehe auch Termine).

Der 1910/11 erbaute Luftschiffhafen wurde 1922 abgebrochen und danach sportlichen Betätigungen gewidmet. Dort, am westlichen Stadtrand, ist heute u.a. der Olympiastützpunkt Potsdam beheimatet. In unmittelbarer Nähe folgte in den 20er Jahren der Bau der Wohnsiedlungen „Stadtheide“, „Im Bogen“ und „Sonnenland“ (Forststraße / Immenseestraße), in den 30er Jahren dann das südlich des Regionalbahnhofs Charlottenhof gelegene Wohnviertel der „Friedrichsstadt“. Nicht der alte Fritz war hier Namensgeber dieser -für die NS-Zeit gar nicht mal so monumentalen- Bauten, sondern der damalige Potsdamer Oberbürgermeister General Friedrichs.

Wie alle Zeitläufe, so hat auch die neue Zeit ihre baulichen Spuren hinterlassen: In den 60er, 70er und 80er Jahren wurden im Zuge des „komplexen Wohnungsbaus“ die Wohngebiete „Auf dem Kiewitt“, „Potsdam-West“ (Haeckelstraße / Knobelsdorffstraße) sowie auch zwei Acht- bzw. Elfgeschosser zwischen Zeppelinstraße und Havelbucht gebaut.

Alles in allem finden sich in der Brandenburger Vorstadt wie kaum sonst in Potsdam Spuren aller Stilepochen der letzten 200 Jahre, ohne sich -von wenigen Ausnahmen abgesehen- über Gebühr „ins Gehege“ zu kommen. Ein Gang durch die jeweils unterschiedlichen Viertel gleicht deshalb eher einer Zeitreise durch Jahrzehnte und Jahrhunderte.

So können wir wohl mit Fug und Recht von einem wahrhaft vielgestaltigen Stadtteil reden – so vielfältig wie das Leben im Bogen der Zeit…

Helmut Krüger

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